Vor mittlerweile 18 Tagen ging nach insgesamt 15 Wochen die 12. Spielzeit des Piraten Open Air unter dem Titel Das Geisterschiff mit einem Besucherrekord von 63.366 Zuschauern zu Ende. Dass die 2016er Spielzeit die erfolgreichste in der zwölfjährigen Geschichte des Theaters werden würde, war allerdings nicht unbedingt vom ersten Probentag an absehbar.

Zwischen dem 22. Mai und dem 23. Juni hat das Ensemble zwar einen wahren Wonnemonat zum Proben erlebt, doch am Premierenabend des 24. Juni  musste die erste reguläre Aufführung aufgrund von Platzregen und Gewitter nach ungefähr einer Stunde abgebrochen werden. Es folgten weitere 17 Regenaufführungen in Folge, bevor sich das Wetter langsam besserte.

28 von 62 Vorstellungen fielen letztlich buchstäblich ins Wasser, dafür wurden das Publikum und wir Darsteller aber insbesondere zwischen Ende Juli und Ende August mit einem traumhaften Sommer entschädigt, der spätestens ab dem 20. Juli das Karibikgefühl der Turks und Caicos noch greifbarer auf die Bühne brachte.

Und was so ein richtiges Actiontheater ist, das ersetzt nicht nur den regelmäßigen Fitnessstudiobesuch (ich habe während der Spielzeit sage und schreibe 12 Kilo abgenommen), sondern bringt auch die eine oder andere Verletzung mit sich.

So habe ich in den 104 Tagen dieser Spielzeit Stichverletzungen, Verbrennungen, Verstauchungen, Quetschungen, Schürfwunden, Schnittverletzungen, Blutergüsse, eine Kopfplatzwunde sowie infolgedessen eine leichte Gehirnerschütterung erlitten. Befund: Darsteller in einem Actiontheater.

Gleich zu Beginn der Proben wurde entschieden, dass ich in meinen beiden Rollen auf der Bühne lange Haare und einen Bart tragen solle. Also ließ ich meine Haare über die Spielzeit hinweg rund 10 Zentimeter wachsen und mir einen Van-Dyck-Bart stehen.

Im ersten Teil von Das Geisterschiff stand ich zunächst als spanischer Kanonier, der den Schiffbruch der zu Beginn der diesjährigen Episode verunglückenden Urca de Lima vor Providenciales überlebt, auf der Bühne:

Im zweiten Teil stand ich dann endlich in meiner eigentlichen Rolle als Capitano de Mercilla auf der Bühne, der das spanische Jagdschiff Kaka de Fuego kommandiert und dem Missionsleiter der Urca de Lima bei seiner Mission zur Wiedererlangung des von den Piraten geraubten Urca-Goldes als rechte Hand zur Seite steht:

In Kürze werde ich als Abschluss meiner diesjährigen Zeit bei den Grevesmühlener Piraten noch meine Bildergalerie unter Medien um etliche Fotos der Aufführung vom 19. August 2016 erweitern und meine Szenen aus Das Geisterschiff anhand von Videoaufnahmen sowohl vom 4. und 5. Juli als auch vom 27. August und 2. September 2016 voraussichtlich in mehreren Clips sowie einem aktuellen Showreel-Zusammenschnitt veröffentlichen.

Ein weiteres Highlight der diesjährigen Spielzeit war es für mich, am 23. August gemeinsam mit Sebastian Hiendl (spielte in Das Geisterschiff den Kanonier des spanischen Jagdschiffes Kaka de Fuego) und Jerry Gerom (spielte in Das Geisterschiff Sergante Pepino, einen überlebenden Offizier der Urca de Lima) einen Kurzfilm zu drehen, bei dem ich als Kameramann und Bildregisseur fungierte. Für den Dreh durften wir mit freundlicher Unterstützung des Piraten Open Air dankenswerterweise die Bühne, Kulissen, Requisiten und Kostüme des Theaters verwenden. Den Schnitt und die Vertonung übernahm Jerry Gerom, der sich mit Sebastian Hiendl die Regie teilte. Ein Drehtag, der Lust auf mehr machte…

Einige der schönsten Augenblicke dieser Spielzeit waren für mich die Autogrammstunden, in denen man mit dem Publikum ins Gespräch kam, von dessen Eindrücken erfahren konnte und das eine oder andere gemeinsame Foto geschossen wurde. Meine erste Autogrammstunde hatte ich nach einer Regenvorstellung am 8. Juli, meine letzte reguläre Autogrammstunde fand am 24. August statt. Acht Tage später schrieb ich auf dem Marktplatz von Maracaibo während des Fan-Tages meine letzten Autogramme und posierte noch einmal ein letztes Mal für gemeinsame Fotos (rechtes Foto © Ostseezeitung, v.l. Jerry Gerom, Taro Fischer, Dennis Gehrke, Christian Winkler und ich).

© Ostseezeitung

Am 3. September war es dann schließlich soweit. Das Ensemble musste sich teils schweren Herzens bei der alljährlichen Comedy-Dernière vom diesjährigen Stück verabschieden, und dieses traditionell so amüsant es geht genüsslich auseinandernehmen. So enterte u. a. Ben-Gunn-Darsteller Arne Nobel statt mit seiner typischen langen Mähne mit Irokesenhaarschnitt die Insel, statt Tanja Schumann erschien ein Kamel auf der Bildfläche, Quartiermeister Israel Hands läutete mit Weihnachtsmütze bereits im Spätsommer die Adventszeit ein und Long John Silver flanierte als very British Gentleman über die Bühne. Meine Wenigkeit überlebte zu Beginn des Stückes keinen Schiffbruch, sondern eine Polonaise der gesamten Urca-Besatzung. Anschließend lümmelte ich am Strand von Provo Island herum, bevor mich Sergante Pepino zum Rapport mitschleifte. Dieser wurde vom Sergante zur Beatbox vom Bootsmann der Urca de Lima dargebracht, während ich die Hintergrundmelodie aus Michael Jacksons Beat It als Ostinato-Sí zum Besten gab. Kurz darauf hieß es das Strandgut aufsammeln und das anfängliche Chaos zu beseitigen. Die üblicherweise dabei vom Sergante, vom Bootsmann und von mir geäußerten – und von mir zusammen mit weiteren spanischen Kommandos und Sätzen während der Probenzeit beigesteuerten – spanischen Befehle verkehrten wir für die letzte Vorstellung ins Deutsche (Äh, meine Herren… zur heutigen Dernière dürft ihr uns ruhig mal auf Deutsch anschnauzen…). Als schließlich Donna Isidora bei der Aufräumaktion der Urca-Überlebenden grübelte, wie man andere spanische Schiffe auf die eigenen Notsituation aufmerksam machen könnte, schlug sie zur Begeisterung aller Schiffbrüchigen einen Flashmob zu Rock mi von der Band Voxxclub vor. Sogar Flint beehrte uns als Zaungast bei dieser Szene. Nachdem die spanische Ordnung endlich wiederhergestellt worden war, liefen die spanischen Soldaten zu Eye of the Tiger der Band Survivor in Formation zum Exerzieren. Doch statt wie üblich Liegestütze zu machen, befahl uns Sergante Pepino zur Choreographie von Los del Rios Sommerhit Macarena zu tanzen. Plötzlich griff uns Flints Piratencrew an und ehe ich mich versah, stand mir Israel Hands als „Endgegner“ des ersten Teils gegenüber. Als der mich schließlich mit einem Tritt in die Magengrube und einem die Knie erweichenden Kinnhaken zu Boden brachte, schien eine Ewigkeit zu vergehen, bevor er mich mit seinem scharfkantigen Degen erlöste. Also schnappte ich mir kurzerhand eine Tüte Popcorn und beobachte ihn dabei, wie er seine schier endlos lange Runde über den Strand drehte. Als er schließlich doch noch auf mich zustürmte, hörte ich noch „Lass es dir schmecken…“, bevor das Popcorn in alle Richtungen flog und ich zu Boden ging. Glücklicherweise rief Captain Flint die am Smith Reef zu Jimi Jamisons I’m always here patrouillierende DLRG, die mich nach kurzer Untersuchung im halsbrecherischem Tempo von der Bühne trug, als feststand, dass bei mir Hopfen und Malz verloren waren. Im zweiten Teil verdeutlichten wir spanischen Offiziere und Soldaten den Piratenparlamentären wie ernst wir es meinten, indem wir ihnen statt des Befehls „Die Hände gut sichtbar oben behalten!“ den Refrain von Hands up der Band Ottawan entgegenschmetterten. Nachdem Don Cravallo mit Boombastic von Shaggy und Hier kommt der Eiermann von Klaus & Klaus bei den Parlamentären und Spaniern eingetroffen war, wurde einer der unsterblichsten Louis-de-Funès-Dialoge zitiert… Don Cravallo: Spanien ist überall! – Spanier: Nein!! – Don Cravallo: Doch!! – Spanier: Ohhh!! Statt mit Winkerfähnchen Schießbefehle an mein Schiff zu senden, stand ich in Village-People-Manier am Strand und „signalisierte“ Y-M-C-A. Als Bestätigung des Kommandos winkten Schiffsbesatzung und ich uns kräftig zu. Üblicherweise wurde Hot Brownie kurz darauf von einem Schuss ins Bein niedergestreckt. An diesem Abend waren hierfür insgesamt vier Schüsse nötig – der endgültig erfolgreiche Schuss kam aus meiner Pistole. Und schließlich befahl ich mittels einer Luftrüsseltröte den in Bereitschaft stehenden Musketenschützen anzutreten. Mit zwei Lachkrämpfen war dies erwartungsgemäß mit Abstand die aus meiner Sicht unterhaltsamste Vorstellung der gesamten Spielzeit.

Zu meinem Bedauern wird es 2017 keine Rückkehr meinerseits in der bevorstehenden 13. Spielzeit unter dem Titel Exekution in Cartagena geben. Gern kehre ich aber in einer neuen, größeren und noch actionreicheren Rolle in einer der kommenden Spielzeiten wieder nach Grevesmühlen zurück.

Für die Erfahrung, in der 12. Episode der schicksalhaften Begegnungen von Captain Flint in der Karibik von Nordwestmecklenburg nach Motiven von Robert Louis Stevensons Die Schatzinsel auf einer über 9.000 Quadratmeter großen Freilichtbühne, die beinahe vollständig aus Sand bestand und mit Leben gefüllt werden musste, unter der exzellenten Regie von Benjamin Kernen vor bis zu 1.600 Zuschauern gestanden, mit Degen, Pistole und Kanone gekämpft, ein für die Handlung der diesjährigen Geschichte entscheidendes Jagdschiff befehligt und mich mit meinen Spanischkenntnissen merklich an den Dialogen des Stückes beteiligt zu haben, bin ich dem Piraten-Open-Air-Actiontheater und insbesondere dessen Intendanten Peter Venzmer sowie dessen Geschäftsführer Matthias Sievert dennoch enorm dankbar und freue mich auf eine etwaige Rückkehr meinerseits in einer der künftigen Spielzeiten, denn ich habe die erinnerungswürdigen Augenblicke mit sowohl den großartigen Kollegen hinter den Kulissen als auch dem Ensemble auf der Bühne wahrlich genossen; unter anderem mit Tanja Schumann, Dustin Semmelrogge und Marc Zabinski, um nur drei zu nennen.

Auf Seemann, Tod und Teufel! Hrrr!


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